e+i aktuell: Fronius zum 80-jährigen Jubiläum über den Wirtschaftsstandort Europa, Innovation und Frauen in der Technik

Das österreichische Vorzeigeunternehmen Fronius feiert heuer sein 80-jähriges Jubiläum. Die e+i hat mit Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß, CEO und CFO des Familienunternehmens, über die (Erfolgs-)Geschichte von Fronius, den Wirtschaftsstandort Europa und Frauen in der Technik gesprochen.

e+i:  Frau Engelbrechtsmüller-Strauß, Ihr Unternehmen wird heuer 80 Jahre alt - wo lagen aus Ihrer Sicht die Höhepunkte dieser acht Jahrzehnte?

Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß: Das Unternehmen wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von meinem Großvater Günter Fronius gegründet und war im Prinzip von Beginn an durch einen Nachhaltigkeitsgedanken geprägt: Zu dieser Zeit fehlte es an funktionsfähigen Autobatterien, und mein Großvater entschloss sich, neben seinem Elektrohandel auch Geräte zu entwickeln und herzustellen, die diese Batterien wieder laden konnten. Die Gründung des Unternehmens aus einer Garage heraus ist somit sicher der erste Höhepunkt gewesen.

Anfang der 1950er Jahre hat mein Großvater dann festgestellt, dass er seine Kompetenz in der Stromumwandlung auch dafür verwenden kann, einen Lichtbogen zu zünden und Metall miteinander zu verbinden [...] Mit Beginn der 1980er Jahre wurde dann Transarc entwickelt, eine Schweißstromquelle basierend auf der Inverter-Technologie. Das war in der Schweißtechnik ein totaler Gamechanger, da durch das Umlegen der Technologie kleiner und leichter Transistorradios auf die Schweißgeräte auch hier das Gewicht drastisch reduziert werden konnte. Transarc hat sich in weiterer Folge als enormer Wachstumsmotor für Fronius erwiesen.

Ein nächster großer Meilenstein wurde Anfang der 1990er Jahre gesetzt, als wir in den Bereich Solarenergie eingestiegen sind. [...] In den 1990er Jahren begann schließlich die Internationalisierung von Fronius, die - gemeinsam mit den hauseigenen Innovationen - ein wesentlicher Erfolgsfaktor unseres Unternehmens geworden ist.
 

e+i:  Wie sieht das Portfolio von Fronius aktuell aus?

Engelbrechtsmüller-Strauß: Zum einen beschäftigen wir uns nach wie vor mit Schweißtechnik, wo wir neben manuellem Schweißen vor allem sehr stark im Roboterschweißen tätig sind und auch Automationslösungen für bestimmte Anwendungen anbieten. [...]

Der zweite große Bereich ist Solar & Energy, in dem Batterieladetechnik und Solartechnik vereint sind. Unser Kernprodukt im Solarbereich sind Wechselrichter für PV-Anlagen, wir bieten aber auch Rundum-Lösungen an, um vermehrt in Richtung Sektorkopplung zu gehen. Der Strom, den ein Haushalt über seine PV-Anlage erzeugt, soll auch möglichst intelligent verbraucht werden, etwa für das Laden eines E-Autos, für die Warmwasseraufbereitung oder für die Heizung.[...]
 

e+i:  Ist in der österreichischen Bevölkerung ausreichend Akzeptanz von erneuerbaren Energielösungen vorhanden, um das Gelingen der Energiewende zu ermöglichen?

Engelbrechtsmüller-Strauß: Also meines Erachtens ist die Akzeptanz der Bevölkerung sehr groß. Der Wunsch, nachhaltig zu agieren, ist ja da, außerdem wollen immer mehr Menschen autarker werden.

Das passt natürlich sehr gut zur Photovoltaik mit einer dezentralen Lösungsmöglichkeit. Ich bekomme auch immer wieder mit, wie begeistert Besitzer:innen einer PV-Anlage sind, wenn sie über eine App sehen, was sie erzeugen, was sie verbrauchen, was sie sparen. [...]

Was mich in der öffentlichen Kommunikation stört, sind Aussagen, wonach die Erneuerbaren schuld am aktuell teuren Strom seien. Das stimmt meines Erachtens einfach nicht.

Wir haben in Österreich ein Merit-Order-System, und dass der Preis für Strom so hoch ist, liegt nicht an den Erneuerbaren, sondern an den zugeschalteten Gaskraftwerken. Der hohe Gaspreis treibt auch den Strompreis in die Höhe.
 

e+i:  Was braucht es aus Ihrer Sicht, um den Fertigungsstandort Europa bzw. auch Österreich sichern zu können, und wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang den vom österreichischen Wirtschafts- und Energieministerium heuer eingeführten Made-in-Europe-Bonus?

Engelbrechtsmüller-Strauß: Der Made-in-Europe-Bonus ist auf jeden Fall einmal ein gutes Zeichen. Wir haben in der Vergangenheit den Zubau von PV gefördert, aber nur absatzseitig und ohne Verbindung mit heimischer Wertschöpfung.

Was ist also passiert? Wir haben zwar auch einige europäische Firmen, vor allem aber chinesische Hersteller unterstützt, die im Gegensatz zu uns zusätzlich Subventionen und Unterstützungen in China bekommen, somit also doppelt gefördert werden. Damit haben sie die Möglichkeit, ihre Produkte zu Preisen oft unter den Herstellkosten anzubieten.

Diese unfaire Wettbewerbslage hat mittlerweile zu der Situation geführt, dass der PV-Zubau in Europa zu 70 % bis 80 % mit chinesischen Wechselrichterherstellern erfolgt. Wir haben uns damit längst in eine Abhängigkeit von China gebracht: Alle Daten, die chinesische Wechselrichter sammeln, werden in China gemanagt und gehostet. Das kann uns in eine potentiell gefährliche Situation bringen, etwa einen mutwillig verursachten Blackout. [...]

Was wir konkret am Standort Österreich rasch in den Griff bekommen müssen, ist die Lohn-Preis-Spirale. Jeder unserer Wechselrichter und jedes Schweißgerät wird in Österreich hergestellt, wir haben ein klares Commitment zu diesem Standort. Allerdings waren wir in den vergangenen Jahren mit KV-Erhöhungen von mehr als 25 % konfrontiert - bei unseren Produkten können wir diese Steigerung nicht unterbringen.[...]

Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß, Fronius
"Die Jugend ist leistungswillig und leistungsbereit und möchte sinnstiftende Berufe haben. Wir müssen sie nur für die Technik begeistern."
CEO und CFO Fronius

e+i:  In Ihrem Unternehmen spielen Vielfalt und Chancengleichheit eine große Rolle, eines der Ziele ist die Förderung der Geschlechtergerechtigkeit. Wie kann es gelingen, dass mehr Frauen technische Berufe ergreifen und hier auch verstärkt in Führungspositionen kommen können?

Engelbrechtsmüller-Strauß: Was auf jeden Fall sehr helfen kann, ist Vorbildwirkung. Wenn Frauen sehen, dass es im Unternehmen weibliche Führungskräfte gibt, hat das mit Sicherheit schon einen positiven Effekt.

In einem nächsten Schritt muss man Frauen dann dazu motivieren, sich eine Führungsposition zuzutrauen. Im Gegensatz zu vielen Männern neigen wir Frauen ja oft dazu, laufend zu hinterfragen, ob wir etwas auch wirklich können. [...]

Außerdem versuchen wir auch bei den Lehrberufen Mädchen ganz stark anzusprechen und ihnen zu vermitteln, dass technische Berufe zukunftsträchtig sind und auch gut bezahlt werden. Technik ist nicht dreckig und nicht schmutzig, sondern sie ist cool. Das transportieren wir, wo auch immer es geht. Und ich bin total positiv gestimmt: Die Jugend ist leistungswillig und leistungsbereit und möchte sinnstiftende Berufe haben. Wir müssen sie nur für die Technik begeistern.

Schließlich können wir alle nur über Innovationen unseren Lebensstandard erhalten, und deshalb brauchen wir Leute, die das Know-how und die Ausbildung haben, um diese Innovationen zu schaffen.

Das vollständige Interview mit Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß lesen Sie in der neuen Ausgabe unserer Verbandszeitschrift e+i. Als OVE-Mitglied finden Sie die digitale Ausgabe in Ihrem persönlichen Login-Bereich unter "Mein OVE/Mitgliedschaft".