OVE Fem-Interview mit Renate Steger

Renate Steger

Nach verschiedenen leitenden Positionen in der Projekt-Entwicklung und im Projekt-Controlling war Renate Steger als Gründerin und Geschäftsführerin aktiv, ehe sie im März 2024 die Geschäftsführung der Wind PV Operation übernahm.

Im OVE Fem-Interview erzählt sie über ihren Weg in die Energiewelt, Herausforderungen sowie Fähigkeiten und Kompetenzen, auf die sie bei ihrer täglichen Arbeit zurückgreifen kann.

Energiewelt: Schnittmenge aus Umweltschutz und Infrastruktur

OVE Fem:Sie sind seit etwas mehr als einem Jahr Geschäftsführerin der Wind PV Operation GmbH, einem Tochterunternehmen der Burgendland Energie AG. Was genau macht die Wind PV Operation GmbH, und welche sind aktuell die größten Projekte, an denen gearbeitet wird?

Renate Steger: Die Wind PV Operation ist eine Gesellschaft innerhalb der Burgenland Energie AG, in der die großen (Agri-)PV-Anlagen im Burgenland entwickelt, errichtet und betrieben werden. Das aktuell größte Agri-PV-Projekt Wallern-Tadten ging mit rund 120 MW vor Kurzem ans Netz. Neben den Freiflächen-PV-Anlagen betreiben wir auch das größte Wind-Repowering-Projekt Neusiedl-Weiden und andere Windparks.

OVE Fem: Was waren die größten Herausforderungen in Ihrem ersten Jahr als Geschäftsführerin der Wind PV Operation GmbH?

Steger: Im letzten Jahr haben wir sehr intensiv an der Aufstellung der Finanzierung für die genannten Projekte gearbeitet; gemeinsam mit den Kolleg:innen aus dem Konzern haben wir eine Portfoliofinanzierung in einem großen Bankenkonsortium mit internationalen Banken und der EIB mit einem Volumen von bis zu 1,3 Milliarden Euro aufgestellt und bereits erste Zahlungen abgewickelt.
Die größte Herausforderung bestand darin, die unterschiedlichen Vorstellungen und sich im Laufe der Zeit ändernden Wünsche der verschiedenen Banken in einen Vertrag zu bekommen, die von unterschiedlichen Beratungsunternehmen in Österreich, London, Deutschland und Luxemburg beraten und verarbeitet werden. Parallel dazu fand ein M&A-Prozess mit einem strategischen Investor statt, daraus entstanden gegenseitige Abhängigkeiten. Gleichzeitig wurden Projekte in Millionenhöhe entwickelt; das alles zu überblicken und zu koordinieren ist eine große Herausforderung und klappte nur mit einem effizienten und gut eingespielten Team innerhalb des Konzerns und viel Vertrauen durch den Vorstand.

OVE Fem: Welche Ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen ergeben gemeinsam den perfekten Mix für die Ausübung Ihrer Tätigkeiten?

Steger: Perfekt ist niemand. Meine Fähigkeiten, unterschiedliche Zusammenhänge zu verstehen und eine generalistische Ausbildung und Herangehensweise helfen mir, die unterschiedlichen Herausforderungen in den Bereichen Technik, Finanzierung, Projektentwicklung und Betrieb gemeinsam mit den Kolleg:innen anzupacken. Außerdem bin ich ein humorvoller und offener Mensch und gehe gerne auf Leute zu. Und: Ich brenne für die Energiewende.

OVE Fem: Wie kam es, dass Sie nach Abschluss Ihrer nicht-technischen Ausbildung – Matura an einem humanistischen Gymnasium, Fachhochschulstudium „Produktion und Management“ an der FH Oberösterreich in Steyr, Bachelor- und Masterstudium der Soziologie an der Uni Wien – einen doch recht geradlinigen Weg in die Technik einschlugen?

Steger: Ich war immer ein neugieriger Mensch, und mich haben sehr viele unterschiedliche Dinge interessiert – meist aber nicht so sehr in der Tiefe, daher habe ich eher generalistische Studien gewählt. Meinen Arbeitstag wollte ich mit sinnstiftenden Projekten verbringen, die auch ein gutes Erwerbseinkommen sichern. Die Schnittmenge aus Umweltschutz und Infrastruktur hat mich in die Energiewelt gebracht, wo ich mich sehr wohl fühle und das Gefühl habe, einen guten Beitrag zur Energiewende und für den Klimaschutz leisten zu können.

OVE Fem: Sie hatten nach Ihrer universitären Ausbildung verschiedenste leitende Positionen in der Projekt-Entwicklung und im Projekt-Controlling, waren selbst als Gründerin aktiv und bekleideten auch anderenorts bereits Geschäftsführerinnen-Posten. Welche der von Ihnen betreuten Projekte würden Sie als die wichtigsten Meilensteine Ihres Karrierewegs bezeichnen?

Steger: Die Position als junge Projektleiterin in der Wien Energie im Bereich der Windkraft-Projektentwicklung war sehr wichtig für mich. Dort hat mich die damalige Geschäftsführerin sehr gefördert und mir ein großes Projekt anvertraut. Daran konnte ich wachsen.

Und natürlich meine jetzige Position in der Burgenland Energie AG als Geschäftsführerin von zwei JV-Beteiligungen, dem Land Burgenland und der ÖBB: Ein spannender Aspekt an beiden Positionen, die ich in der BE AG bekleide, ist, dass es jeweils einen zweiten Mehrheitsgesellschafter gibt. Hier gilt es, mit den Co-Geschäftsführern (beides Männer) die unterschiedlichen Interessen abzuwägen, Kompromisse zu finden und optimistisch an die Problemlösung heranzugehen, wenn es Projekte gibt, die vielleicht in der Priorität unterschiedlich bewertet sind. Es ist immer wichtig, Herangehensweisen zu finden, die für beide Gesellschafter passen, somit ergeben sich oft bessere Lösungen.

Um Projekte voranzubringen, ist die Arbeitsteilung – welche Beteiligung braucht wie viel Aufmerksamkeit? – wichtig und oftmals eine Herausforderung. Am liebsten würde ich für beide Beteiligungen noch mehr Zeit verwenden.

Was mir besonders gefällt ist, dass ich durch diese Zusammenarbeit noch mehr Menschen kennenlerne, die sich für die Energiewende begeistern – im Land Burgenland und in der ÖBB.

OVE Fem: Sie haben vorhin zwei männliche Co-Geschäftsführer genannt – generell ist Ihr Arbeitsumfeld wohl eher männlich geprägt. Wie gelingt es Ihnen, in Ihrem Job täglich Ihre Frau zu stehen?

Steger: Indem ich versuche, im Rahmen meiner Möglichkeiten für mehr Frauen in der Branche zu kämpfen, andere Frauen zu fördern, zu empfehlen, mit anderen Frauen solidarisch zu sein.

OVE Fem: New Work ist ja mittlerweile in aller Munde – inwieweit spielen in Ihrem Team in der täglichen Zusammenarbeit New Work-Modelle eine Rolle?

Steger: Die räumliche Distanz aller Beteiligten ist für mich ein großes Thema: Die ÖBB-Leute sind meist in Wien, die Kolleg:innen, mit denen ich in der Wind PV Operation zusammenarbeite, sitzen in verschiedenen Beteiligungen im Burgenland Energie-Konzern – das heißt: Vieles muss digital gehen, Online Meetings sind normal.

Wir haben auch Teams in unterschiedlichen Zusammensetzungen – je nach Projekt und Beteiligung, aber oft trotzdem dieselben Personen in verschiedenen Rollen. Das Ziel bleibt immer die effiziente Organisation der Arbeit, damit Projekte rechtzeitig gebaut werden können.

OVE Fem: Mit OVE Fem bieten wir Frauen, die im Bereich der Elektro- und Informationstechnik sowie Energiewirtschaft tätig sind, ein Netzwerk, das den Austausch unter Technikerinnen fördert und Unterstützung bei der Karriereentwicklung bietet. Welche Bedeutung haben Frauennetzwerke wie OVE Fem für Sie persönlich?

Steger: Angesichts der Arbeitsbelastung, des Pendelns (Wien-Eisenstadt) und der Care-Arbeit bleibt leider viel zu wenig Zeit dafür. Ich würde gerne aktiver an diesen Netzwerken teilnehmen. Wichtig bei Netzwerktreffen finde ich den Spaß und den Austausch auf persönlicher Ebene mit den Kolleg:innen in der E-Wirtschaft.

OVE Fem: Und eine abschließende Frage: Wie gelingt es Ihnen, nach einem stressigen Arbeitstag zur Ruhe zu kommen und abzuschalten?

Steger: Meinen Sohn ins Bett bringen und Geschichten vorlesen, bis ich selber einschlafe. Am Wochenende mache ich Sport, hin und wieder auch Yoga am Abend.

Renate Steger
Dipl.-Ing. (FH) Renate Steger, MA
Geschäftsführerin der Wind PV Operation GmbH