Interview mit Marie-Theres Thöni

Marie-Theres Thöni studierte an der BOKU und Cornell University (NY) Umwelt- und Bioressourcenmanagement mit den Schwerpunkten Erneuerbare Energie und Abfall- und Kreislaufwirtschaft. Ihr Weg führte sie in ein Ingenieurbüro für Maschinenbau und technischen Umweltschutz, zu Österreichs E-Wirtschaft und in das Kabinett der Frau Bundesministerin. Berufsbegleitend absolvierte sie ein Managementprogramm an der TU Wien und Baruch College in New York.

Seit 2020 leitet Marie-Theres Thöni die Abteilung für Erneuerbare Energie und Strom im Bundesministerium für Klimaschutz Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) und war in den letzten Monaten mit der Erarbeitung des Begutachtungsentwurfs des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes befasst, für den sie die Gesamtleitung in der Sektion übernehmen durfte.

Im Gespräch mit Marie-Theres Thöni

OVE Fem Aktuell: Frau Dipl.-Ing. Thöni, Sie besuchten ein Gymnasium, dessen Schwerpunkt auf Sprachen liegt und entschieden sich nach der Matura für ein naturwissenschaftliches Studium. Was waren Ihre Beweggründe, sich an der BOKU zu inskribieren, um Umwelt- und Bioressourcenmanagement zu studieren?

Marie-Theres Thöni: Mein Interesse galt schon in der Schule den naturtechnischen Fächern. Besonders faszinierend fand ich alles rund um Bionik und unsere Umwelt – dies hat sich mit der Zeit in Richtung Erneuerbare Energien weiterentwickelt. Das Studium UBRM (Anmerkung der Redaktion: Umwelt- und Bioressourcenmanagement) versprach mir am besten, die komplexen Zusammenhänge von Mensch, Umwelt und Technik näher zu erforschen.

Insbesondere meine Spezialisierungen im Masterstudium, „Erneuerbare Energie“ und „Abfall- und Kreislaufwirtschaft“, würde ich auch heute jedenfalls wieder wählen.

 

OVE Fem Aktuell: Ihre Fremdsprachenkenntnisse kamen dann doch wieder zum Einsatz, und zwar während eines Auslandsemesters an der Cornell University in New York. Was sind die nachhaltigsten Eindrücke, die Sie nach diesem Aufenthalt mitgebracht haben – fachlich, persönlich?

M.-T. Thöni: „Yes, we can“, war 2008 nicht nur der Wahlspruch des späteren Präsidenten, sondern sowohl die Mentalität der Studierenden bei Team-Assignments, als auch der „Spirit“, den die Professoren den Studierenden mitgaben. Ich trat damals im Rahmen der Vorlesung „Social Entrepreneurship“ den „Engineers for a Sustainable World“ am Campus bei, wo wir in unserer Freizeit einen Solarofen bauten, der dann (leider erst im darauffolgenden Semester) in Mittelamerika unter Beweis gestellt wurde.

 

OVE Fem Aktuell: Das klingt ja wirklich aufregend! Direkt im Anschluss an Ihr Studium sammelten Sie erneut „Auslandserfahrungen“, und zwar als Praktikantin im Europäischen Parlament in Brüssel. Wie kam es dazu, und was genau war Ihre Aufgabe in Brüssel?

M.-T. Thöni: Ich habe während meines Masterstudiums beim Bundesverband Photovoltaik Austria gearbeitet und wollte im letzten Semester – in dem die Masterarbeit geschrieben wird – unbedingt nochmals international tätig sein, bevor ich Vollzeit zu arbeiten beginnen würde.

So habe ich mich initiativ bei mehreren Europäischen Institutionen beworben und durfte schließlich bei zwei Mitgliedern des Europäischen Parlaments Praktika absolvieren.

 

OVE Fem Aktuell: Sehr zielstrebig sind Sie Ihren weiteren beruflichen Weg gegangen – gestartet im damaligen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Abfallwirtschaft als Fachreferentin, über eine Stelle als Projektmanagerin in einem Ingenieurbüro für Maschinenbau und technischen Umweltschutz und in weiterer Folge bei Oesterreichs Energie, wo Sie zwei Jahre beschäftigt waren. Mit welchen Themen waren Sie in dieser Zeit befasst?

M.-T. Thöni: Die Themen waren vielfältig, aber hatten gemeinsam, dass ich „Erneuerbare Energie und Strom“ aus verschiedenen Blickwinkeln kennenlernen konnte: in der Abteilung Energie- und Umweltökonomie im damaligen BMLFUW von der Verwaltungsseite; im Ingenieurbüro von der Projektseite, auch im Zusammenspiel mit internationalen Finanzierungsinstitutionen (EBRD, Weltbank etc.); und bei Oesterreichs Energie von der Interessensvertreterseite, wo ich mich in verschiedenen Arbeitskreisen – erzeugungsseitig – mit den drängenden Fragen der Stromwirtschaft, insbesondere hinsichtlich dem Ausbau von erneuerbarer Energie, auseinandersetzen konnte.

"Ich bin stolz darauf, die Energiewende mitzugestalten."
Bundesministerium für Klimaschutz Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), Abteilung für Erneuerbare Energie und Strom

OVE Fem Aktuell: Schlussendlich ging es beruflich wieder zurück ins Bundesministerium. Derzeit sind Sie im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) als Abteilungsleiterin für Erneuerbare Energien und Strom tätig. Worin bestehen hier– neben Ihrer Leitungsfunktion – konkret Ihre Aufgaben? Woran arbeiten Sie gemeinsam mit Ihrem Team und wie groß ist dieses?

M.-T. Thöni: Gestartet habe ich mit einem sehr kleinen Team. Mittlerweile sind wir auf zehn Personen angewachsen. Derzeit arbeiten wir gemeinsam daran, die Rahmenbedingungen für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen zu verbessern. Dies einerseits mit der Erarbeitung des Begutachtungsentwurfs des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespakets, der Umsetzung der Erneuerbaren Richtlinie, der Betreuung des derzeitigen Ökostromgesetzes, sowie der Abwicklungsstelle für Ökostrom, und andererseits durch die fachliche Begleitung der strategisch-organisatorischen Angelegenheiten des Strommarktdesigns.

Des Weiteren leite ich den Energiebeirat in allgemeinen und grundsätzlichen Angelegenheiten der Energiepolitik sowie der Förderpolitik des Ökostroms zur Beratung der Bundesministerin und der E-Control.

 

OVE Fem Aktuell: Sie erwähnten das „Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz“ – ein brandaktuelles Thema… Inwiefern sind Sie persönlich damit befasst?

M.-T. Thöni: Für den Begutachtungsentwurf durfte ich die Gesamtleitung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes in der Sektion übernehmen. Die einzelnen Paragraphen wurden in Teams gemeinsam mit der Rechtsabteilung erarbeitet.

Bisher ist vermutlich kein einziger Tag vergangen, an dem wir als Abteilung keine Zahlen, Daten, Fakten für das EAG ausgearbeitet haben – sei es um Anfragen aus dem Ministerbüro oder von Stakeholdern und Bürger/innen zu beantworten, um Input für die Notifizierung des Gesetzespakets bei der Kommission zu erarbeiten, oder um uns mit unserem Gutachter für die geplanten Verordnungen abzustimmen.

 

OVE Fem Aktuell: Mit Jänner dieses Jahres haben Sie quasi das erste Jahr in Ihrer Funktion als Abteilungsleiterin abgeschlossen – ein Rückblick: Worauf sind Sie stolz?

M.-T. Thöni: Ich bin stolz darauf, mit meiner Arbeit die Energiewende mitzugestalten! Allen voran natürlich, dass wir als Sektion einen umfassenden Begutachtungsentwurf für das EAG erarbeitet haben und vielleicht schon eine Regierungsvorlage, wenn das Interview veröffentlicht wird.

Ebenso bin ich stolz, dass mein Team im herausfordernden letzten Jahr stärker zusammengewachsen ist und wir als Abteilung für die neuen Herausforderungen besser aufgestellt sind, was mich besonders freut.

 

OVE Fem Aktuell: Sie haben das „herausfordernde“ letzte Jahr erwähnt – wir sind ja alle seit mittlerweile gut einem Jahr damit konfrontiert, dass nichts mehr ist, wie es einmal war. Wie geht es Ihnen persönlich mit Führung auf Distanz, welche Aspekte sind für Sie wesentlich, dass es funktioniert?

M.-T. Thöni: Führen auf Distanz bedeutet für mich viele Abstimmungstelefonate mit all meinen Mitarbeiter/innen. Dadurch, dass die Büros meiner Mitarbeiter/innen über verschiedene Stockwerke und zum Teil über einen zweiten Standort verteilt sind, war das schon vor Corona eine Herausforderung.

Mit den neuen Videotools wurden aber Abstimmungsmeetings erleichtert. Ich weiß nicht, ob es an unserer spannenden Materie liegt, an der wir intensiv arbeiten, oder an der Corona-Pandemie, die ohnehin kaum Freizeitevents in die Kalender einplanen lässt, aber: Bisher funktioniert die Zusammenarbeit auf Distanz aus meiner Sicht sehr gut. Allerdings glaube ich, dass kein Videotool dieser Welt das persönliche Miteinander ersetzen kann und hoffe deshalb, dass zumindest ein Team Meeting die Woche in der näheren Zukunft doch wieder möglich wird.

 

OVE Fem Aktuell: Neben Homeoffice, Remote-Arbeit und New Work sind auch Work-Life-Balance und Burnout-Prävention aus unserem Wortschatz mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Was tun Sie für sich, um die nötige Balance zwischen Beruf und Privatleben halten zu können?

M.-T. Thöni: Corona hat leider meine Hobbies sehr eingeschränkt, wodurch „Spazieren gehen“ und Laufen zu meinem neuen Freizeitprogramm wurden und ich wieder begonnen habe, Gitarre zu spielen. An Wochenenden tanke ich sehr gerne Energie bei meiner Familie und in der Natur.

OVE Fem Aktuell: Vielen Dank für das sehr interessante Interview!