OVE Blitzschutztag 2025 im Rückblick – Fokus Trennungsabstand: Von der Norm bis zum Experiment

Der Trennungsabstand bezeichnet den erforderlichen Abstand zwischen einem Blitzschutzsystem (äußerer Blitzschutz) und leitfähigen Teilen innerhalb einer baulichen Anlage. Neben dem Potenzialausgleich stellt die fachgerechte Auslegung dieses Abstands seit jeher eine Herausforderung bei der praktischen Umsetzung von Blitzschutzsystemen dar, um gefährliche Funkenbildung innerhalb der baulichen Anlage sicher zu verhindern.

Zentrale Themen beim OVE Blitzschutztag 2025 waren die physikalischen Grundlagen des Blitzes, die normgerechte Planung und Berechnung von Trennungsabständen, die Bedeutung von Potenzialausgleich, sowie die Vermeidung gefährlicher Induktions- und Überschlagseffekte.

Die Kombination aus Normung, Praxisbeispielen und Experimenten im Hochspannungslabor (Nikola-Tesla-Labor) der Technischen Universität Graz boten ein umfassendes Bild für Planer:innen und Ausführende im Blitzschutzbereich.

Grundlagen zur Berechnung des Trennungsabstands

Gerhard Diendorfer (Experte des TK BL „Blitzschutz“) erläuterte die physikalischen Grundlagen der Blitzentladung und deren Auswirkungen auf bauliche Anlagen und stellte die drei Phasen eines Blitzes (Leitblitz, Fangentladung und Hauptentladung) anhand animierter Darstellungen und Hochgeschwindigkeitsvideos anschaulich dar. Er ging auch auf die Unterschiede zwischen Abwärts- und Aufwärtsblitzen ein, letztere treten insbesondere bei hohen Bauwerken auf. 

Zur Berechnung des Trennungsabstandes, dem Sicherheitsabstand zwischen metallischen Gebäudeteilen und dem äußeren Blitzschutzsystem, zog er die ÖVE/ÖNORM EN 62305-3 heran und zeigte, welche Einflussgrößen (Stromverteilung (kc), Werkstoff im Zwischenraum (km) und Schutzklasse (ki)) dabei berücksichtig werden müssen.  

In seinem Vortrag verglich er auch die induktiven Effekte eines 50 Hz-Sinus-Stroms mit denen eines Blitzes. Das verdeutlichte die dramatisch höhere Gefahr durch Blitzentladungen aufgrund hoher Stromsteilheit anschaulich.

OVE Blitzschutztag 2025 Diendorfer

Trennungsabstand richtig berechnen - mit und ohne Software

Um die praktische Berechnung des Trennungsabstandes, wie er in der Norm EN 62305-3 gefordert ist,  ging es im Vortrag von Manfred Lipouschek (Dehn Austria GmbH).  Anhand typischer Konstellationen (z.B. Blitzschutzklasse III, zwei Ableitungen, Material Luft oder Beton) wurde der Trennungsabstand zuerst "händisch" berechnet.  Hier wurde deutlich, dass sich der notwendige Abstand abhängig von Material und der Anzahl der Ableitungen mitunter stark verändert.

Dann stellte Lipouschek einen softwaregestützten Ansatz vor, der komplexe Gebäudestrukturen berücksichtigt. Mit digitalen Werkzeugen lassen sich dreidimensionale und normkonforme Trennungsabstände präzise ermitteln. Die vorgestellten Rechenbeispiele zeigten, dass besonders bei PV-Anlagen, Dachinstallationen und vermaschten Fangeinrichtungen eine präzise Abstandsermittlung entscheidend für die Anlagensicherheit ist.

Blitzschutzplanung: Erkenntnisse aus realen Ereignissen

Stefan Thumser (Obmann des VÖB – Verband Österreichischer Blitzschutzunternehmen) präsentierte reale Blitzereignisse, unter anderem an einem Wohnhaus mit installierter PV-Anlage und Blitzschutzsystem. Beim Einschlag in den Wetterhahn des Hauses wurden mehrere Blitzentladungen gemessen.

Er demonstrierte, wie sich der Trennungsabstand auf das Schadensbild auswirkt. Bei einem ausreichend großen Abstand kam es nicht zu Schäden. Zu erheblichen Geräteschaden und einem Überschlag kam es bei Leitungen, die direkt anlagen. 

Blitzschutzpotenzialausgleich spielt in solchen Fällen also eine zentrale Rolle, insbesondere dort, wo der Trennungsabstand nicht eingehalten werden kann. Zusätzlich wurden Anforderungen an Kabel, Leitungen und Gehäuse im Außenbereich besprochen.

Abschließend betonte Thumser, dass bereits in der Planungsphase geklärt werden müsse, ob ein getrenntes oder integriertes Blitzschutzsystem zum Einsatz kommen soll, um die Schutzmaßnahmen entsprechend normgerecht umsetzen zu können.

Forschung im Hochspannungslabor

Stephan Pack (Vorsitzender des TK BL „Blitzschutz“) berichtete aus der Forschungspraxis des Hochspannungsprüffelds an der TU Graz und präsentierte eindrucksvolle Versuche zur Simulation von Blitzentladungen. In der geschützten Laborumgebung wurden mit künstlichen Blitzstoßspannungen und -strömen reale Einschlagszenarien nachgestellt.

So zeigte er, dass Funkenüberschläge entstehen können, wenn die Trennungsabstände nicht eingehalten werden, z.B. bei Regenfallrohren, Schleifen in der Ableitung oder bei Annäherung an elektrische Installationen. Besonders bei PV-Anlagen ist auf einen ausreichenden Potenzialausgleich zu achten, da es ansonsten zu gefährlicher Funkenbildung zwischen Unterkonstruktion und Blitzschutzsystem kommen kann.

Um im Ernstfall Schäden an Personen und Technik zu verhindern, ist eine sorgfältige Planung und detaillierte Prüfung potenzieller Näherungsstellen essenziell.

Fazit

Sowohl Theorie als auch Praxis rund um den Trennungsabstand im Blitzschutz wurden beim OVE Blitzschutztag 2025 aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet: von den physikalischen Grundlagen der Blitzentladung über die normative Berechnung gemäß ÖVE/ÖNORM EN 62305-3 bis hin zu praxisnahen Rechenbeispielen und realen Schadensfällen.

Es wurde eindrucksvoll demonstriert, wie wichtig die fachgerechte Planung und Umsetzung des Trennungsabstands und ein wirksamer Potenzialausgleich für die Sicherheit sind. Besonderes Augenmerk wurde auf PV-Anlagen und komplexe Gebäudestrukturen gelegt.